Ludwig Hohl

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Petrarca Preis, 1980, († 1980)

wurde 1904 geboren und war ein Schweizer Schriftsteller.

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Peter Handke

Ein Gruß an Ludwig Hohl

Ludwig Hohl: Wie die Verehrung weitergeben, ohne sie zu verraten? Denn die Verehrung ist etwas Kostbares. Sie ist ein Bedürfnis. Doch es ist auch ein Bedürfnis, sie weiterzugeben. MiBglückt das, so ereignet sich ein Verrat, der verantwortungslos ist gegenüber dem Verehrten.

Zunächst einmal: kurz sein.

Nein, Ludwig Hohl ist kein misanthropischer Einzelgänger oder Eigenbrötler in einem Kellerloch« (das stimmt alles nicht), sondern ein heiterer, auch verschmitzter Geist auf einer hohen, hellen Etage, der für uns zuständig ist; dem ich hier und da widerspreche, aber dem ich aufs Wort glauben kann; und der mich, seinen Leser, in dem tonlosen Gescharre, das wohl seit jeher) als Literatur umläuft, als Geist und als Stimme erschüttert hat. - Denn nichts ist erschütternder als einer, der zum Geist durchgedrungen ist, ihn in der Arbeit hervorkehrt und als Form an uns weitergibt.

Indem ich das sage, wende ich mich nicht an die hier versammelte Gesellschaft (denn ich weiß nicht, an wen ich mich da wende, und habe auch keiner Versammlung etwas zu sagen), sondern an den Schriftsteller Ludwig Hohl, der sicher keine Rede zu seiner Arbeit will - aber es doch vielleicht braucht und jedenfalls einen Anspruch darauf hat, daß ihm, der lebenslang »seinem Freund, dem Menschen, einen Brief« geschrieben hat, der erwartete »Leser im ernstesten Sinn«-d.h., so wie ich das verstanden habe: der vom Lesen zum Ernst Befreite - sein Zeichen gibt.

Der Petrarca-Preis ist ein Zeichen der Dankbarkeit für einen, den Nicolas Born »das erstaunliche Beispiel eines Schriftstellerlebens« genannt hat, einen »Zuchtmeister der Selbstverwirklichung«, der uns zeige, wie viele Dinge es immer noch gibt, wie viele Gestalten und Verwandlungen, und wie oft ein bewußter aufmerksamer Körper noch auf Widerstand trifft, wenn andere schon im Leeren gehen«; der einem beibringe, sich zu beweisen«, seinen »genauesten Ausdruck zu finden..., und im genauesten Sinne Eindruck zu machen auf die Welt«. Nicolas Born ist zu glauben: Ludwig Hohls Werk, wie heutzutage kaum noch eines, läßt sich, ohne Voraussetzung oder Übereinkunft, nehmen und lesen. Es ist so unerhört wie selbstverständlich. Es muß nicht entdeckt, empfohlen oder durch Interpretieren nahegebracht werden, sondern steht frei zur Lektüre, wie eine in die Natur gehörende und diese erst beseelende Menschenschrift. - Und indem es Satz für Satz zur Freude hinführt, ist es das, was der Philosoph als das Gute versteht.

Der Gruß, der Gedanke, der Gedankengruß, der herzliche Gedanke schwingt sich von hier nach Genf, in die rue David Dufour; zu dem Café an der Ecke der Straße, zu der nahen Mündung des Flusses Arve in die Rhône (wovon die ganze Gegend den Namen Jonction hat), und nebenhinaus-nach Ludwig Hohl »die Richtung des Geistes« - zu dem Bild van Ruisdaels im Musée des Beaux Arts, wo vor Egmond an der See die kleinen biblischen Gestalten nachts gegen den Sturm durch die holländischen Dünen wandern: zu dem schweigenden Leben der regelmäßigen Formen in der Stille«, und zu dem strengen und kompetenten Geist in der Mitte.